Davor Motte-Segeln zur Abwechslung und Weiterbildung
(Vorspann und Zwischenberichte: Zuletzt aktualisiert am Do., 11.11.2021.)
Zeitplan: Fr., 05.11. bis Mi., 10.11.2021 ; 2 WF pro Tag (ges. 12, kein MR) ; 2 Fleets
Rückblicke auf's Nach-Tokyo
Die Olympischen Spiele in Tokyo sind seit drei Monaten Geschichte. Sein, ohne Zweifel guter, fünften Platz stimmte ihn zunächst zufrieden. Wohlgemerkt, zunächst! Nach dem was im Mittelteil der Regatta an einem Tag mit drei Wettfahrten vorgegangen war. Wirklich tief zufrieden oder gar glücklich war das Gefühl für ihn aber nicht.
Wie die weiteren Wochen verfolgen, verbanden sich seine analytischen Rückblicke und Erinnerungen teils auch mit Enttäuschungen. Philipps Zielsetzung war eben eine Medaille. Und das keineswegs vermessen, und sie wäre ohne großes Wenn und Aber realistisch gewesen. Für den aktuellen Weltmeister sollte es jedoch nicht wie angepeilt kommen. Nur an einem Tag war seine Feinjustierung nicht riskant genug.
Zwischenzeitlich sind die Wunden – nicht sehr tiefgreifend, aber dennoch ... – in Philipp verheilt. Der Trost: keinem Leistungssportler bleiben solche Schmerzen erspart. Und dies möglicherweise mit letztlich einem weiteren Stück neuer Erfahrung und schließlich kleinem Zuwachs an den für eine überaus wichtigen Wettkampf entscheidenden und sehr diffizilen Komponenten. Diese finden sich auf der hohen Ebene eines Leistungssportlers zuhauf.
Als Vorspann auf das Motten-Highlight führte für den Sonthofer kein Weg an leichten Reparaturen, gewissen Gerätverfeinerungen und technischen Test unterschiedlicher Komponenten an der Konstruktionsklasse Moth kein Weg vorbei. Und nicht nur das! Vor allem auch das eigene Training mit dem foilenden Wasserflieger musste nun nach langer Abstinenz wenigstens einen Minimalgrundstock erfahren. Das gebotene Maß, will man sich mit den weltweiten Motten-Spezialisten messen, war schon aus zeitlichen Gründen bei weitem nicht umsetzbar.
So startete Philipp zunächst bei der internationalen Moth-Klassenregatta auf dem Achensee. Unter 20 Konkurrenten konnte er gleich zum Auftakt mit zwei ersten Plätzen überzeugen. Zur dritten (und windbedingt auch leider letzten Wettfahrt) schaffte er nach einer technischen Maßnahme als Anpassung auf den abflauenden Wind den Start nicht mehr rechtzeitig und kassierte somit die höchste Punktzahl. Auf der Gesamtrangliste blieb ihm der 7. Platz.
Endergebnisse MOTH-Regatta nach 3 Races
Danach führte die Motten-Tournee des Oberallgäuers zum Gardasee, nach Malcesine. Zur Pre Worlds, der Generalprobe für die dort anstehende WM. Von 76 Startern erzielte er den 9. Rang. Ein beachtliches und gleichsam hoffnungsvolles Ergebnis für Philipps nicht eben zimperliche WM-Zielsetzung. Natürlich nicht ein Podestplatz - klar. Denn dafür wäre sein wirklich nur sehr bescheidenes bootspezifisches Training mit Blick auf die geballte hochkarätige Konkurrenz der weltweiten Moth-Szene keinesfalls hinreichend.
Endergebnisse MOTH PRE WORLDS nach 4 Races
Als Abschluss und gleichzeitig auch Highlight von Philipps Segeldiziplin-Seitensprung präsentierte sich ihm die Moth Worlds. Und dies auf dem windreichen sowie -verlässlichen Nord-Gardasee, beim veranstaltenden Segelverein Malcesine. Die herausragende Revier-Attraktivität lockte 140 Motten-Segler aus aller Welt an.
Nach 7 von insgesamt 15 Wettfahrten qualifizierte sich Philipp souverän für die Goldflotte. Am Schluss belegte er den 16. Rang. Unter Berücksichtigung seiner vergleichsweise geringen Moth-Aktivitäten zweifellos ein sehr gutes Ergebnis. Und zudem wurde er klar bester Deutscher von insgesamt 14, auch bei der vorangegangenen Pre Worlds. Soweit die Bewertung aus meiner Sicht. Der Sohnemann war damit allerdings nicht voll zufrieden. Wie man ihn kennt, setzt er seine Ziele eigentlich immer deftig hoch. Philipp nahm ein einstelliges Ergebnis ins Visier, welches er mehr oder weniger genugtuend hätte abhaken können.
Endergebnisse MOTH WORLDS nach 14 Races
Was immer das Laser-Ass bei der Motten-WM erzielte, ist aus gewisser Perspektive nicht so hoch bedeutsam. Relativ gewichtig ist für ihn dagegen das, was jetzt an der spanischen Mittelmeerküste vor Barcelona unmittelbar bevorsteht: die Laser-Weltmeisterschaft (ILCA Standard Men’s World Championship). Sie wird auf dem ehemaligen Olympia-Revier von 1992 ausgetragen.
Jede WM-Teilnahme ist immer auch ein Saisons-Highlight. Dieses für Philipp nun 13. WM-Event birgt für ihn eine zusätzliche Besonderheit. Er geht nämlich als aktueller Inhaber der Weltmeister-Krone und somit als Titelverteidiger an den Start. Was das in seinem Innern bedeutet, muss sicherlich nicht näher beschrieben werden. Mehr zum Verlauf des Geschehens könnt ihr hier lesen, in den nachfolgenden ...
... Tages- / Zwischen-Berichte zur Laser-WM
1.Tag (Fr., 05.11.21), Races 01 und 02 geplant
Zu schwacher Wind, keine Wettfahrten
Keine Ergebnisse nach 0 Wettfahrten, gesamt 0 (bzw. 1. Tag)
2.Tag (Sa., 06.11.21), Races 01 bis 03 geplant
Gemischter und kein zufriedenstellender Auftakt
Keinen guten Einstieg bei der vom Vortag verschobenen 1. Wettfahrt gib es für Philipp. Er musste sich mit dem 36. Platz zufrieden geben. Sein Problem wurzelte in erster Linie im Start. Genauer gesagt in einem Start, den er wie gewohnt möglichst korrekt und ohne übertriebenes Wagnis durchfürte. Dann droht im Falle zahlreicher zu eifriger Starter das Damoklesschwert der schädigenden Abwinde mit der Folge von permanent etwas weniger Speed und Amwind-Höhe.
Zwar gab es im Zuge mehrerer Startwiederholungen auch Disqualifikationen (BFD-Strafen), die auf undiszipliniertes Startverhalten zahlreicher Teilnehmer zurückzuführen sind. Die Konsequenz des Wettfahrtleiters ließ angeblich aber trotzdem zu wünschen übrig. Wenn Wettfahrtleiter gegenüber Frühstartern ein oder gar beide Augen zudrücken, ist dies ein Desaster für jene, die korrektes Starten praktizieren und gewohnt sind. „Das ist sehr ärgerlich!“, kommentierte Philipp. Und es lasse sich auch kein individuelles feinjustiertes und dennoch möglichst sicheres und faires Risikomanagement ansetzen.
In der zweiten Wettfahrt belegt der Sonthofner den 7. Platz. Dieser Ausgang war für ihn okay. In der noch wenig aussagekräftigen Zwischenbilanz nach zwei Bewerben fand er sich auf dem 39. Rang.
Ergebnisse nach 2 Wettfahrten, gesamt 2 (bzw. 2. Tag)
3.Tag (So., 07.11.21), Races 03 bis 05 geplant
Erneut nichts - außer Abwarten und Hoffen auf Wind
Gewissermaßen wiederholte sich der 1. Tag. Denn windbedingt war kein Segeln möglich. Und dies, obwohl die Wind- und Wetterdienste zwar teils unterschiedliche aber allesamt keine so ungünstigen Bedingungen prognostiziert hatten. Das Segelrevier vor Barcelona scheint sehr eigenwillig und kompliziert zu sein.
Das Wettfahrt-Komitee entschied zwar völlig zurecht, entgegen der Grundplanung mit ersten Starts statt jeweis um 12 Uhr, bereits um 9:30 Uhr die Wettfahrten zu beginnen. Aber es half nichts. Der gute Gradientwind der Nacht und des zumindest frühen Vormittags verabschiedete sich zu früh in die mittägliche Flaute-Pause. Erst nachmittags setzt dann bei dem guten Wetter eine lokale aber meist auch nicht weiträumige Seabreeze ein. Dieser Thermikwind war leider wieder einmal jahreszeitlich bedingt zu kraftlos und schwach.
So bleibt das Hoffen auf den Montag. Trauriger Weise verspricht die Windvoraussicht keine wirkliche Wende für das zurzeit windmüde Segelrevier.
Ergebnisse nach 0 Wettfahrt, gesamt 2 (bzw. 2. Tag)
4.Tag (Mo., 08.11.21), Races 03 bis 05
Philipps Erwartungen nur teils erfüllt – dennoch stark verbessert
Heute kamen die Segler auf ihre Rechnung. Drei Wettfahrten ließ der Wind zu. Zwei am Vormittag (ab 9:30 Uhr) bei leichtem bis mittleren Gradientwind und ein nachzuholendes Race am Nachmittag bei ansatzweise kräftigem Thermikwind.
Diesem sehr guten Ergebnis folgen zwei zweistellige Ränge (16. und 17.), womit der Titelverteidiger natürlich nicht besonders zufrieden war. Immerhin waren dies unter Berücksichtigung der schwer einzuschätzenden stark drehenden Winde durchaus noch recht ordentliche Resulte. Ein Großteil auch der bis dato vorderen Gruppe musste mindestens einen Patzer höher als Position 20 bis teils über 30 hinnehmen.
Ergebnisse nach 3 Wettfahrten, gesamt 5 (bzw. 3. Tag, Ende des Qualifyings)
5.Tag (Di., 09.11.21), Final-Races 01 bis 03 (gesamt 8)
Beachtliche Tagesleistung beschert Philipp Riesensatz nach vorne
Trotz dieser wenig sympathischen Situation konnte Philipp, der bekanntlich mehr den deftigeren Wind mag, zeigen, dass er auch Leichtwindsituationen gut bestehen kann. Mit den Plätzen 5., 16. und 17., und damit in gute Konstanz in der verstärkten Goldfleet-Konkurrenz und eben auch ohne wirklichen Patzer, erzielte er schließlich das drittbeste Tagesergebnis. Das bescherte dem Oberallgäuer in der Zwischenbilanz einen katapultartigen Sprung nach vorne: Nun Rang 6 von zuvor 21.
Im gestrigen Führungstripel und auch den weiteren Top Ten-Positionen vollzogen sich erhebliche Veränderungen. Unter den Vordersten konnte sich heute nur der Neuseeländer Thomas Saunders (gestern 3., heute 1.) mit einer glänzenden Tagespunktzahl behaupten. Ihm folgen nun Finn Lynch (2., Irland), Tonic Stipanovic (3., Kroatien), Sergei Komissarov (4., Russland), Zac Littlewood (5., Australien), Philipp Buhl (6., Deutschland, ..., Elliot Hanson (16., England, gestern noch 1.) ..., Pavlos Kontides (12., Cypern, gestern noch 4.).
Für Spannung, insbesondere um die Medaillen und vorderen Plätze ist zum anstehenden Abschlusstag gesorgt. (Mi., 10.11; Start, 11:00 Uhr, 3 Wettfahrten für beide Fleets geplant).
Ergebnisse nach 3 Wettfahrten, gesamt 8 (bzw. 5. Tag)
6.Tag (Mi., 10.11.21), Final-Races 0 (gesamt 8, statt 12)
Mini-WM aufgrund fragwürdiger Entscheidungen - Philipp bleibt somit 6.
Vom Wettergott war es speziell für die WM wie gemacht, das Wettfahrtendefizit aus der ersten Halbzeit (an zwei Tagen kein ausreichender Wind) zum Schluss noch weitgehend auszugleichen. Damit wenigstens die Final-Serie mit den geplanten sechs Races noch zustande kommen kann. Drei waren noch zu bestreiten. Und der Wind hätte - wie ein Geschenk von ihm - die Vervollständigung der Wettkämpfe erfreulicherweise ermöglicht. Denn bereits über Nacht und seit dem frühen Morgen wehte den ganzen Tag über gut mittelmäßiger bis teils kräftiger Wind (10 ... 18 kn, entsprechend 3 ... 5 Bft). Die noch fehlenden drei Final-Races hätten folglich unter besten Bedingungen gesegelt werden können. Sie hätten zudem eine gewisse Ausgewogenheit zwischen den vorwiegend drehenden Leicht- bis Mittelwinden geschaffen und die sportliche Fairness auch aus dieser Perspektive positiv abgerundet.
Und was entschied die Wettfahrtleitung: Abwarten und schlussendlich dann keine weiteren Wettfahrten mehr. Wie gibt es denn so etwas, fragten sich wohl zahlreiche Teilnehmer? Man kann nur noch sagen: Unprofessionell, enttäuschend für viele Segler und einer WM einer olympischen Klasse unwürdig. Von fairem Wettkampf kann schlussendlich keine Rede sein. Und es riecht sogar nach gezielter Begünstigung der bis dato Führenden.
Philipp war von der Organisation enttäuscht und über sie verärgert. Unter anderem sein Kommentar: „Jeff Martin hätte sich im Grab umgedreht, wenn er das miterlebt hätte.“. Jeff war ein namhafter Hochkaräter unter den internationalen Schiedsrichtern für Top-Events. Stets die Korrektheit und sportliche Fairness im Visier, leitete er über vier Jahrzehnte souverän unzähliche Weltcup-Regatten, Welt- und meisterschaften usw. Dies insbesondere in der Laser-Klasse.
Die Begründung des Race-Komitees für den vorzeitigen Abbruch der WM: Die Hafenausfahrt sei wegen der Wellen zu gefährlich. Philipp dazu: „Das war vielleicht nicht ganz unberechtigt.“ Wegen des anhaltenden Sturmtiefs über dem südwestlichen Mittelmeer (Barcelona war davon nie unmittelbar betroffen) herrschte bereits seit Tagen eine relativ hohe Dünnungswelle von 1 bis über 2 Meter. Heute mag sie zumindest zeitweise noch etwas zugelegt haben. Aber die Segler waren an diesen Zustand wohl schon gut gewöhnt. Und außerdem bestand noch die Option, evtl. nur das Goldfleet mit den leistungsfähigeren Seglern starten zu lassen. Für sie sind solche Bedingungen nichts Besonderes, ja sogar durchaus erwünscht. Sie trainieren das und können damit umgehen.
Philipp und sicherlich zahlreiche weitere Segler wurden wegen der stornierten Wettfahrten um wichtige Verbesserungs-Chancen beraubt. „Da wäre für mich noch alles möglich gewesen.“ Auf seinem bis dahin sehr guten 6. Platz fehlten ihm gerademal 13 Punkte bis zu den Medaillenrängen. Selbst auf Silber und Gold (Rückstände allerdings 41 bzw. 55 Punkte) waren Philipps Hoffnungen bei diesem Wind durchaus nicht ganz vermessen. Während drei Goldfleet-Rennen kann erfahrungsgemäß sehr viel passieren. Schade, dass die um die spannende finale Phase auf diese Art beschnitten wurde.
Ergebnisse nach 0 Wettfahrten, gesamt 8 (bzw. 6. Tag)
Vom „International Sailing Center“ in Barcelona herzliche Grüße an alle meine Partner und Förderer, Fans und Gönner sowie meine Freunde und Bekannten und natürlich nicht zuletzt auch an meinen Heimatverein (Segelclub Alpsee Immenstadt, SCAI) sowie den Norddeutschen Regattaverein (NRV, Olympic Team, Hamburg).