Zwei Countdowns auf Hochtouren

Philipp Buhl nähert sich dem Beginn seines größten Sportevents.
Schwester Angela nach Fahrrad-Weltreise kurz vor Rio de Janeiro.

Nur noch wenige Tage trennen Philipp Buhl und Schwester Angela von ihren gänzlich unterschiedlichen und sehr hoch gesteckten Zielen. Ziele, die sich für beide mit vielgestaltigen und unvergesslichen Erlebnissen, Eindrücken und Emotionen und enorm hohen Anforderungen verknüpfen.

Der Profisegler der Deutschen National- und Olympia-Mannschaft steht im brasilianischen Rio vor der größten Herausforderung seiner Sportkarriere und möglichen Vollendung eines Kindheitstraumes: Teilnahme an den olympischen Segelregatten, und das mit Erfolg. Sein Zielhöhepunkt ist noch nicht erreicht.
Architektin Angela hat das unmöglich Anmutende bald geschafft. Sie kämpft mit ihrem Fahrrad auf dem letzten 1.000 km-Abschnitt entlang der südatlantischen Küste dem Schlussziel ihrer Rad-Weltreise entgegen: Rio de Janeiro, dort Philipp treffen und ihm die Daumen zum großen Erfolg drücken.
Die familiäre Runde ergänzt sich durch die jüngere Schwester Coletta und Vater Friedl. Sie haben allerdings den weitaus bequemeren Luftweg an die Guanabara Bay genommen. Das vorolympische Familientreffen ist leider nicht ganz komplett. Mutter Sofie wollte die 30-stündige Mammutreise und den vermeintlichen Vorort-Stress lieber meiden und verfolgt Olympia und vor allem den Sohn bei den Segelwettkämpfen von zu Hause aus.

(Kiel, Rio de Janeiro, Sao Paulo (27.07.2016, Text, © : Friedl Buhl; Bilder, ©: Div. Pers.: Siehe Bilder))

Für Angela war eine Weltumrundung mit dem Fahrrad kein Kindheitstraum. Sie hätte dies vor zehn Jahren noch für eine absurde und unmöglich zu realisierende Idee gehalten. Auch hätte sie während ihres zielstrebigen Studiums die Zeit dafür kaum gefunden.
Anders beim jüngeren Bruder. Schon als junger Schüler und später Gymnasiast war er ambitioniert dem Sport verhaftet und fühlte in sich zunehmend Neigungen zum Leistungssport. Skifahren und Segeln, die Lieblingssportarten des Vaters, spielten die Hauptrollen. Sein 2007 gewonnener Doppeltitel bei der Junioren-EM im Segeln zeigten dem damals Siebzehnjährigen sein Potential zu noch viel höheren Erfolgen. Seine frühen Träume, später zu den Weltbesten seiner Disziplin zu gehören, internationale Titel und vielleicht sogar olympisches Edelmetall zu gewinnen, bekam mit den Goldmedaillen von Hyeres ein erstes realistisches Fundament. Bekanntlich beginnt aber mit dem Fundament erst der Hauptteil des Bauens. Auf Philipp wirkte diese Erkenntnis dank seiner persönlichen Ausstattung nicht erdrückend, sondern als unwiderstehliche Herausforderung und Motivationsmotor. Ein kontinuierlicher und im Teamwork mit seinem Vater immer präziser geplanter und mit Trainingsfleiß umgesetzter sportlicher Entwicklungsgang, gegenüber Rückschlägen und Niederlagen resistent und unbeirrbar, führte zu einer atemberaubenden Erfolgsstory.

Ob dies Angela im Streben nach ebenso überragenden Leistungen irgendwie mit inspiriert hatte, müsste sie selbst beantworten. Mag durchaus sein. Sicher ist, ohne die bestimmten inneren Anlagen und Neigungen, gehen gehobene und überragende Dinge nie. Die eigenen Leistungsgrenzen auszutesten, diese auch zu überschreiten bereit sein, außergewöhnliche Pläne zu schmieden und sie mit eisernem Willen auch durchzuziehen, Mut haben aber auch das Gefühl der Angst nicht scheuen, sind Teil ihrer Persönlichkeitsstruktur.

Nach einem 7.000 km-Fahrradritt nach dem Hochschulabschluss vor acht Jahren, von zu Hause im Oberallgäu über die Schweiz, Frankreich, Spanien, Portugal bis Gibraltar und zurück, wuchs während mehrjährigem hartem beruflichem Engagement das Bedürfnis, ein reizvolles Abenteuer dieser Art zu wiederholen. Aber nicht nur dies. Die zwischenzeitlich erfahrene Architektin mit besonderer Liebe zum Planen und Gestalten wollte ihre vorangegangene Europa- und später noch Malaysia-Radtour am liebsten gleich haushoch toppen. Sie nahm schließlich eine Tour vom Kaliber einer Weltreise ins Visier.
Bei diesen Überlegungen spielte der Bruder mit Blick auf Anforderung und Ziel eine entscheidende Rolle. Was lag für die gerne Zwischendurch-Weltenbummlerin nun näher, als den Bruder zu den Olympischen Spielen in Brasilien zu besuchen. Die Idee war als neuer Plan von ihr zur Umsetzung bereits abgestempelt, als Philipps Gelingen seiner Olympiaqualifikation zwar noch in den Sternen stand. Doch er selbst und seine Familie glaubte ganz fest daran.

Akribische und zielgerichtete Vorbereitung nun bei beiden. Bei Philipp ohnehin. Dies ist wesentlicher Teil seines Berufes: Sportsoldat, A-Kader-Segler der Deutschen Nationalmannschaft.
Die komplexen Weltreise-Vorbereitungen von Angela verliefen zum Schluss recht dramatisch. Hunderte von noch zu erledigenden Kleinigkeiten und noch so manche in Vaters Werkstatt selbst gefertigte Spezialausrüstung verzögerten im Herbst 2014 den Tourstart um Wochen. Gott sei Dank auch der Wintereinbruch. So, als hätte er ein Einsehen, als wollte er ihr zumindest den Abreisebeginn nicht vermasseln, nicht in Schnee und Eis begraben. Am 3. Dezember lautet Angelas Blog-Überschrift: „Oh, bitte noch kein Schnee –Mann!
Mann, welch‘ unbeschreibliche Anspannung herrschte bei ihr und nicht weniger im Hause Buhl. Jeder wusste: Eine Reiseplanverschiebung ins Frühjahr wird wohl trotz aller gut gemeinten Ratschläge nicht in Frage kommen – nicht für Angela – definitiv nicht!

Dann ihr Start. Endlich! Fast schon mitte Dezember. Endlich und „Oh weia“! Im Tal lag noch nicht nennenswert Schnee. Aber die bereits nach hoch oben geschlossenen weißen Jacken der Oberallgäuer Berge wollten der gestarteten Radlerin nur eines klar signalisieren: Frau, zieh dich warm an!

Die gesamte Tour-Story und die zahlreichen Geschichten über den Verlauf von rund 600 ereignisreichen Reisetagen, 26.000 km Fahrstrecke und 220.000 Höhenmeter, können hier in all den erzählens- und würdigenswerten Details unmöglich wiedergegeben werden.

Dies leistet bestens Angelas lückenloser und spannend erzählender Blog (siehe Linkverzeichnis unten).
Wer das ungewöhnliche Reise-Abenteuer kompakter und nicht weniger interessant erfahren möchte, sei auf zwei sehr gute und präzise verfasste Berichte von Dr. Volker Göbner in webandsail.de verwiesen (siehe Linkverzeichnis unten).

Nach zehn Monaten flog Angela von Kathmandu / Nepal für einen Zwischenstopp nach Hause und vier Wochen später über den Atlantik. Sie plante die Fortsetzung ihrer Welt-Tour auf der nordwestlichen Hemisphäre, von Vancouver / Kanada aus gen Südamerika.

img 6861 2Zwischenzeitlich hatte sich Philipp die Startberechtigung bei Olympia gesichert. Und dies so souverän, wie man es sich schöner nicht erträumen könnte. Die ersten zwei von gesamt drei Kriteriums-Wettkämpfen schloss das Laser-Ass als Vize-Weltmeister (in Kanada) und Vize-Europameister (in Dänemark) ab. Damit hatte er als erster Segler der deutschen Olympiamannschaft die hohen Qualifizierungshürden unerwartet vorzeitig überwunden. Die Weltcupregatta 2016 im französischen Hyeres als letzten Olympia-Berechtigungswettkampf hätte Philipp gar nicht mehr antreten müssen. Doch die Traditionsregatta gehört zum üblichen Wettkampfzirkus. Philipp war somit am Start; trumpfte erneut auf und gewann Gold. Nebenbei betrachtet scheinen sich manchmal Geschichten mit interessanten Parallelen zu wiederholen. Denn auch im Jahr der Olympischen Spiele in London triumphierte Philipp beim französischen Weltcup-Klassiker. Doch gelang ihm damals die Olympiaquali zum Schluss in Australien gegen seinen Rivalen Simon Grotelüschen nicht. Umso perfekter lief alles dieses Mal.

Angelas teils bereits verwirklichter Plan, mit dem Rad nach Rio und dort bei Olympia ihren Bruder anzufeuern, stand jetzt prinzipiell nichts mehr im Wege. Blieb nur zu hoffen, dass ihre Schutzengel sie auf ihrer riskanten Unternehmung doch bitte weiterhin so wachsam und schützend begleiten wie auf der ersten Etappe.

Für alles Nähere hier nun wieder der Verweis auf Angelas Blog und Volkers Berichte. Sehr lesenswert!

Angela misst sich nicht mit Konkurrenten wieang aktion2 im regen 2 ein Profisportler und Olympiateilnehmer wie Philipp. Die Inhalte ihrer Aktion bestehen vorwiegend in reichhaltigen und ganz besonderen Erlebnissen und sekundär wie unumgänglich in einem Bündel an zu bestehenden Leistungsanforderungen. Dieses Anforderungsprofil setzt sie sich selbst. Und es ist – wie man Angela kennt - weiß Gott nicht von Pappe. Zu erwähnen ist vor allem ihr Mut gegenüber zahlreichen potentiellen Gefahren und unvermeidlichen Unannehmlichkeiten der unterschiedlichsten Art, die Bereitschaft des harten Durchbeißens und notfalls durch dick und dünn gehen, die erstaunliche Langzeitausdauer und ihr eiserner Durchhaltewille. Hinzu kommen die immer wieder grenzwertig hohen physischen Anstrengungen, die es auch bei Kälte, Regen, Sturm, Hitze, deutlich geringerer Luftdruck und Sauerstoffgehalt auf über 4.000 m Gebirgshöhe durchzuhalten galt. Nicht zu vergessen – und dies komplettiert und veredelt das Leistungspaket - die konsequente und bestens gelungene fotografische und schriftstellerische Arbeit im Zusammenhang mit ihrem Blog. Wer darin liest, wird keine Langeweile spüren, wird mitgerissen, dem stockt auch mal der Atem, ... Und man fragt sich, wie das noch nebenher möglich war. Auf die treffendste Art lässt sich all das nur mit „Großem Respekt! „ oder „Hut ab!“ würdigen. Auf allgäuersich: „Id ibernumm schleachd, was Du doa g‘seäh und g‘laischted hoasch.“

ang portr noch 350km 2Nun ist die Weltreisende kurz vor dem Ziel. Die finale Phase und Endspurts im teils roten Leistungsbereich hat sie schon seit Tagen eingeläutet. Ein leistungsmindernder Infekt kam noch hinzu. Der Countdown geht aber unaufhaltsam auf die letzten Tage zu. Dem folgt das lang ersehnte familiäre Wiedersehen. Und dann die Entspannung, zumindest eine gewisse, um das Mitfiebern für den Bruder während der Olympiawettkämpfe auf der Guanabara Bay hier nicht zu übersehen.

Angela, Dir noch einen schönen und glücklichen Finale-Höhepunkt. Genieße ihn und erhole dich von den Dauerstrapazen. Danke für die vielen spannenden und informativen Geschichten.

Der Countdown der letzten Tage herrscht nun auch bei Philipp vor. Nur mit einem entscheidenden Gegensatz zur Schwester: Ihm steht das Größte und eine hohe mentale wie physische Anforderung bevor.

Dazu drücken Dir deine Eltern, deine Schwester, deine Freundin, dein Trainer- und Betreuerteam sowie deine Partner und Förderer, Freunde und sicherlich deine vielen Fans in Deutschland und darüber hinaus fest die Daumen.

Wir wünschen Dir das Beste
und werden in den Tagen
mit unseren Gedanken
voll bei Dir sein.
Mach’s gut Philipp!

Links:

Blog von Angela Buhl:
399 Berichte:
Am 03.08.2016, 16:42 Uhr (Ortszeit) war es soweit: Weltdurchquererin am Ziel ihrer grandiosen Unternehmung:
 
Berichte von Dr. Volker Göbner in www.webandsail.de:
Am 12.05.16:
Am 25.07.16:
Am 08.08.16
 
 
 
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